Auch, wenn die Forschung zur klimabewussten Strom- und Wärmegewinnung in Deutschland sich stetig weiterentwickelt, müssen jetzt kurzfristig flächendeckend Lösungen her. Im Rahmen unserer Technischen Gebäudeplanung ist die optimale Energieerzeugung bei uns ein ständig präsentes Thema. Seit Jahrzehnten beschäftigen wir uns fortlaufend damit, welche Art der Wärme- und Stromgewinnung für unsere Kunden die optimale Balance zwischen ökonomischen und ökologischen Gesichtspunkten darstellt. Aufgrund unserer Witterungsbedingungen ist eine komplette Energieautarkie in privaten Haushalten zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht realistisch, auch, wenn wir bei manchen Projekten sehr nah dran sind.
Forschungsprojekt Dynahaus
Eine Vorbildfunktion übernimmt in dieser Hinsicht unser Dynahaus. 2012 starteten wir das Forschungsprojekt gemeinsam mit dem Frauenhofer Institut und weiteren namhaften Partnern aus Industrie und Forschung mit dem Ziel, ein Haus zu konstruieren, das nahezu völlig unabhängig Strom und Wärme bezieht – ein sogenanntes Energie-Speicher-Plus-Haus. Ein Haus, das so viel Energie produziert, wie es verbraucht, unabhängig von globalen Stromkonzernen und dem Einfluss weltpolitischer Krisen auf dem heimischen Energiemarkt. Damit waren wir der Zukunft damals weit voraus.
Dynahaus ist die konsequente Weiterentwicklung des Passivhauskonzeptes. Herzstück ist das Dynahaus Energiemanagementsystem (DEMS), welches die Zusammenarbeit der verschiedenen Komponenten gewährleistet und für eine optimale Nutzung der Photovoltaik-Anlage sorgt. Energieerzeugung und –verbrauch werden kontinuierlich aufeinander abgestimmt. Das Haus produziert mehr Energie als eine vierköpfige Familie verbraucht. Diese wird immer genau dann zur Verfügung gestellt, wenn die Bewohner sie benötigen – durch patentierte Wand- und Bodenspeicher sogar auch nachts. Zur Absicherung und Einspeisung ist das Haus weiterhin an das öffentliche Netz angeschlossen, um kurzfristige Energiedefizite zu überbrücken.
Herausgekommen ist das zu diesem Zeitpunkt fortschrittlichste Energiekonzept, das jemals in Deutschland entwickelt und zur Marktreife gebracht wurde.
Bei aller Weitsicht, konnten aber selbst wir damals nicht erahnen, wie wichtig die daraus gezogenen Erkenntnisse für uns werden würden. Heute bauen wir all unsere Projekte so, dass ein möglichst hohes Energiepotenzial geschaffen wird. Und wir nutzen, soweit möglich, die Ergebnisse aus unserem Dynahausprojekt. Was das bedeutet, erklärt uns unser Fachingenieur Heizung Lüftung Sanitär (HLS) Michel Münter.
Wenn wir von ökologischer und ökonomischer Ausgeglichenheit sprechen, was bedeutet das für unsere Kunden?
Bei all unseren neuen Bauvorhaben verbauen wir keine fossilen Heizungsanlagen – also keine Gas- oder Öl-Heizungen. Stattdessen setzen wir überwiegend auf Wärmepumpen.
Aber diese benötigen Strom. Wie wird dieser bezogen?
Für unsere Green Energy-Projekte nutzen wir in erster Linie selbsterzeugten Strom aus Photovoltaik- (PV) Anlagen, die auf den Gebäudedächern installiert werden. Zusätzlich benötigten Strom beziehen wir als grünen Strom, auch bekannt als Ökostrom. Das gleiche gilt auch für unsere Baustellen. Öko-Strom bedeutet, er wird aus regenerativen Quellen bezogen, er fördert die Investition in erneuerbare Energien und lässt unsere Heizungsanlagen nahezu CO2-neutral funktionieren. Es ist unser Ziel, den Bedarf an externer Energie immer weiter zu reduzieren. Überall dort, wo es die Projekte zulassen, verbauen wir grundsätzlich Photovoltaikanlagen, in erster Linie für den Verbrauch im eigenen Haus, beispielsweise für die Heizungsanlagen, die Versorgung der Bewohner oder zum Laden von E-Autos. Nur überschüssiger Strom wird in das öffentliche Netz eingespeist. Dabei orientieren wir uns an unserem Dynahaus-Projekt, das Energieautarkie in greifbare Nähe rückt.
Mit welchen Baumaßnahmen lassen sich zukünftiger Energieverbrauch und die damit verbundenen Energiekosten noch senken?
Die Grundlage ist die absolut korrekte Heizlastberechnung für das Gebäude. Mit ihr wird ermittelt, wie viel Energie eine Heizungsanlage abgeben muss, um ein Gebäude warm zu halten. Diese muss immer genauestens erfolgen, sonst droht in logischer Konsequenz ein dauerhafter Energieverlust. Das gilt für die gesamte Wertschöpfungskette, also die Planung, den Bau und dann den Betrieb des Gebäudes. Desweiteren ist auch die Rohrnetzberechnung
zur richtigen Leitungsdimensionierung notwendig, um die Anlagen genau auf ihren Bedarf auszulegen. Überdimensionierung bedeutet Energieverlust. Auch die Dämmung spielt eine besondere Rolle, damit kein Transmissionswärmeverlust (Wärmeverlust durch die Bauteile hindurch) entsteht.
Durch die starke Dämmung ist regelmäßiges Lüften aber unabdingbar?
Das ist richtig. Es sei denn, es ist eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung verbaut. Dann ist das Fensteröffnen nur dann nötig, wenn man den Geruch der lauen Sommerluft hineinlassen möchte. An vielbefahrenen Straßen bietet eine solche Lüftungsanlage auch aus Gründen des Schallschutzes viele Vorteile und Asthmatiker können in der Pollensaison in den eigenen vier Wänden befreit durchatmen. Außerdem machen Lüftungswärmeverluste
(Wärmeverluste durch Luftaustausch) im Neubaubereich mittlerweile gut 50 Prozent des Energiebedarfs aus. Auch hier können effiziente Lüftungsanlagen Energieeinsparungen erzielen, da Sie beim Luftaustausch die Wärme aus der verbrauchten Abluft zurückgewinnen und
die frische, aber kalte Außenluft damit aufheizen.
Welche Art von Heizungen werden verbaut?
Wir verbauen Fußbodenheizungen. Diese laufen mit geringeren Temperaturen als andere gängige Heizungssysteme. Diese niedrigen Temperaturen sind wirtschaftlicher zu erreichen, insbesondere bei dem Einsatz regenerativer Energiequellen. Durch die niedrigen Temperaturen im System können die Wärmeverluste in den Pufferspeichern und den Verteilleitungen reduziert werden.
Gibt es auch Einsparpotenziale im Bereich der Trinkwassersysteme?
Unsere Gebäude statten wir mit dezentralen Warmwasserbereitungen in sogenannten Wohnungstationen aus. Das heißt, bevor das Wasser die jeweilige Wohnung erreicht, liegt die Temperatur in den Leitungen bei acht bis zehn Grad und immer unter 25 Grad. Erst in der Wohnung wird das Wasser auf die gewünschte Temperatur erhitzt. Das hat zum einen den Vorteil, dass der Wasserenergieverbrauch den einzelnen Parteien zugeordnet werden
kann und zum anderen wird dem gefährlichen Legionellen-Erreger jede Grundlage entzogen. Insgesamt benötigen wir nur kurze Wege an Warmwasserleitungen, und wir können auf die Ausführung einer Zirkulation verzichten. Auf diesen kurzen Strecken bleiben die Wärmeverluste
gering. Die Trinkwasserleitungen verlaufen außerdem separat von den Heizungsrohren durch das Haus. Auf den gemeinsamen Schacht verzichten wir, damit die Trinkwasserleitungen keine Wärme von den Heizungsrohren abbekommen.
Am Anfang fiel der Begriff Green Energy. Was versteckt sich dahinter?
Mittels „Energie-Contracting“ kann der Wohnungseigentümer über die Green Energy GmbH & Co. KG vor Ort erzeugte erneuerbare Energien beziehen. Green Energy als Contractor ist zuständig für Planung, Finanzierung, Betrieb und Wartung der Anlage. Der Kunde spart sich hierdurch die Investitionskosten für eine eigene Photovoltaik-Anlage und erhält die Vorteile einer nachhaltigen und gleichbleibend kostengünstigen Energieversorgung.
Zum Schluss nochmal zurück zum Dynahaus? Das Dynahaus wurde als Einfamilienhaus gebaut, welche Erkenntnisse lassen sich auf den Geschosswohnungsbau ableiten?
Damals sind wir mit einer Vision gestartet und haben den Grundstein für nachhaltige Bauweise und mehr Unabhängigkeit im eigenen Zuhause gelegt. Darauf liegt auch jetzt der Fokus. Im Geschosswohnungsbau nutzen wir heute ebenso, wie beim Dynahaus das Prinzip der Sektorenkoppelung.
Das heißt, wir sorgen dafür, dass einzelne Gebäudeteile und Energiekomponenten optimal zusammenspielen. Wie bereits vor vielen Jahrtausenden setzen wir auf die Kraft der Sonne. Photovoltaik-Anlage, Stromspeicher und Wärmepumpe sind miteinander verbunden und bilden ein aufeinander abgestimmtes System. Der gewonnene Strom wird für die Wärmepumpe, den Haushaltsstrom und die E-Mobilität genutzt. Nicht verbrauchte Energie landet im Stromspeicher. Ist dieser voll, fließt der Überschuss in das öffentliche Netz. Ist die Sonnenkraft hingegen einmal nicht ausreichend, wird das Gebäude aus dem öffentlichen Netz mit Ökostrom bedient. Das bedeutet hohe Wertestabilität, geringer Investitionsaufwand und insbesondere gleichbleibende Energiekosten. So entsteht ein nachhaltig energetischer Gebäudekomplex.