Emissionen gibt es auch in geschlossenen Räumen
Fällt das Wort „Umweltverschmutzung“, denken viele Menschen an Belastung durch Feinstaub, Plastikmüll oder CO2. Emissionen gibt es aber nicht nur draußen, sondern auch in geschlossenen Räumen – und dort halten wir uns Studien und Untersuchungen zufolge 90 Prozent unserer Zeit auf. Schadstoffe in der Raumluft, verursacht durch ungeprüfte Baumaterialien, Elektrosmog, Schimmel oder Gase wie Radon, beeinträchtigen unsere Gesundheit erheblich. Kopfschmerzen, Unwohlsein, Kreislaufbeschwerden, Asthma oder Allergien treten auf. Bereits heute leidet schon jeder fünfte Deutsche an Allergien, die durch die meist geruchlosen Emissionen von Bauprodukten unbemerkt weiter verstärkt werden können. Schwerflüchtige Substanzen dünsten jahre- bis jahrzehntelang aus und entfalten so eine verhängnisvolle Wirkung. Das Allergierisiko von Kindern steigt übrigens signifikant, wenn werdende Mütter über die Raumluft Kontakt zu ungeprüften, belasteten Baustoffen haben.
Aber nicht nur Emissionen sind gefährlich: Auch Elektrosmog birgt die Gefahr von negativen Folgen. Dazu gehören Konzentrationsstörungen, ein schwaches Immunsystem, verändertes Zellwachstum, Nervosität, Schlafprobleme und demzufolge starke Müdigkeit.
Nicht wahrnehmbar, aber gefährlich: Radon
Es gibt einen weiteren Stoff, der für gesundes Wohnen eine Rolle spielt: das Radon. Es ist ein radioaktives chemisches Element und zählt zu den Edelgasen. Es entsteht im Gestein und im Erdreich, diffundiert von dort in die Atmosphäre, ins Grundwasser, in Höhlen, Bergwerke, aber eben auch in Keller und Rohrleitungen. In der Folge sammelt es sich in schlecht belüfteten Häusern bzw. Wohnräumen an.
2018 wurden beispielsweise im Bundesland Salzburg in Österreich Radon-Messungen in 3.400 Wohnungen durchgeführt. Dabei kam heraus, dass in 10 Prozent der Wohnungen der Schwellenwert von 300 Becquerel pro Kubikmeter Luft überschritten wurde. Es ist davon auszugehen, dass die Werte in deutschen Wohnungen ähnlich hoch sind. Weil Radon farb-, geruch- und geschmacklos ist, haben wir keine Chance, es wahrzunehmen. Dafür braucht es spezielle Messgeräte.
Nach Studien der Weltgesundheitsorganisation steigt die Gefahr, an Lungenkrebs zu erkranken, signifikant an, je höher die Strahlungswerte pro Kubikmeter Raumluft liegen. Fünf Prozent der Lungenkrebsfälle werden Radon zugeschrieben.
Heute gibt es über 100.000 Baustoffe
Die Ursachen für die genannten unterschiedlichen Belastungen sind vielfältig: In den Zeiten vor der Globalisierung gab es in Deutschland ungefähr 1.000 Baustoffe. Heute sind es über 100.000, die aus der ganzen Welt zu uns kommen und hier verbaut werden. Von den wenigsten ist bekannt, wie sie hergestellt wurden, woraus sie genau bestehen und welche Emissionen sie verursachen.
Hinzu kommt: Gedämmte Wände und hochwertige, sehr intensiv abdichtende Fenster sorgen immer stärker dafür, dass in den Häusern zu wenig Luftwechsel stattfindet, besonders im Winter. Gab es früher selbst bei geschlossenen Fenstern einen gewissen Luftaustausch durch kleinste Ritzen und Spalte, ist dies heute längst nicht mehr der Fall. Die Konzentration von Schadstoffen in der Raumluft bleibt konstant hoch – seien es nun ausdünstende Baustoffe oder Radon.
Ökogeprüfte Baustoffe sind wichtig
Die Lösung für diese Probleme und Gefahren lautet: Achten Sie darauf, dass Ihr Bauträger wohngesund baut! Ein gutes Zeichen dafür ist beispielsweise, wenn sich Ihr Bauträger dazu verpflichtet hat, nur ökogeprüfte Baustoffe zu verwenden. Noch besser ist es, wenn er eine Liste der Baustoffe pflegt und Ihnen aushändigt, die er beim Bau Ihrer Wohnung nicht verwendet.
Gibt es eine solche Liste nicht, achten Sie darauf, dass er generell schadstoffarme Baustoffe einsetzt und auf folgende Baustoffe bzw. deren Bestandteile gänzlich verzichtet:
Holzwerkstoffe: Formaldehyd, Terpene, Aldehyde, Phenol. Holzschutzmittel: Pentachlorphenol (PCP), Lindan, Pyrethroide, Chlornapthtaline
Dachdeckungen, Estriche: Asbest.
Wärmedämmstoffe: Künstliche Mineralfasern (KMF)
Bodenbeläge: Asbest, Volatile Organic Compounds (VOC) z.B. Naphthalin, Styrol, Nitrosamine
Farben, Lacke: Volatile Organic Compounds (VOC) z. B. Glykole, Isothiazolone, Aromaten (Toluol)
Doch mit einer solchen Liste allein ist es nicht getan. Auch während des Baus können Bauträger jede Menge tun, um wohngesund zu bauen:
Um eine Schimmelbildung zu vermeiden, wird bspw. vor Einbringung des Estrichs der Boden vollständig abgesaugt.
Um Elektrosmog zu reduzieren, findet eine intelligente Elektroplanung statt: Es werden Netzfreischalter und besondere Abschirmmaßnahmen eingebaut.
Die Bodenplatte des Hauses wird bei Radongefahr gegen Radon abgedichtet.
Und last, but not least: Der Bauträger achtet darauf und kann belegen, dass alle am Bau Beteiligten intensiv in Sachen Wohngesundheit geschult sind – vom Handwerker bis zum Bauleiter.
Praxiswissen Eigentumswohnung: Was sie vor dem Kauf einer Eigentumswohnung wissen sollten // Matthias Krieger